Encoder-Typen
Encoder sind die „Augen“ von Industrieautomatisierungs‑ und Präzisionsbewegungssteuerungssystemen und wandeln mechanische Bewegungen präzise in elektrische Signale um. Je nach Anwendungsanforderung und technologischer Umsetzung lassen sich Encoder aus drei Perspektiven gliedern: Ausgangssignaltyp, Messform und Messprinzip. Nachfolgend eine professionelle und ausführliche Übersicht.
1. Inkremental‑Encoder (Incremental Encoder)
- Funktionsprinzip: Erzeugt per optischer oder magnetischer Abtastung A/B‑Phasen‑Quadratur‑Impulse; eine Z‑Phase liefert einmalig einen Null‑Referenzimpuls.
- Schlüsselkennwerte:
- Auflösung: Typisch 500–10 000 PPR; mittels Interpolation (4×, 16×) bis in mehrere zehntausend oder Millionen PPR erweiterbar.
- Signalqualität: Phasenfehler < 5°, Jitter < ±1 LSB.
- Ausgangsstandard: TTL (0–5 V), HTL (10–30 V), RS‑422‑Differential.
- Vorteile & Nachteile:
- Vorteile: Geringe Kosten, schnelle Reaktionszeit, ideal für geschlossene Regelkreise (Speed/Position).
- Nachteile: Positionsverlust bei Stromausfall; externe Zähler und Nullfahrprozess erforderlich.
- Typische Anwendungen: Servo‑Antriebe, Drehzahlmessung von Motoren, Überwachung von Hin‑ und Herbewegungen.
2. Absolut‑Encoder (Absolute Encoder)
- Funktionsprinzip: Jeder Winkel‑ oder Linear‑Position ist ein eindeutiger Binär‑ oder Gray‑Code zugeordnet; Auslesen ohne Nullfahrt möglich; Multi‑Turn‑Versionen nutzen Zahnrad‑ oder Elektronik‑Zählwerk.
- Schlüsselkennwerte:
- Single‑Turn‑Auflösung: 8–20 Bit; Multi‑Turn‑Bereich: 16–32 Bit.
- Codeformate: Gray, Binary, BCD, Excess‑3 etc.
- Schnittstellen: SSI, BiSS‑C, EnDat 2.2 (synchron), CANopen, Profinet (Ethernet).
- Vorteile & Nachteile:
- Vorteile: Positionsspeicherung bei Stromausfall, geeignet für hochzuverlässige Multi‑Axis‑Systeme; Online‑Parameterisierung möglich.
- Nachteile: Höhere Kosten; serielle Protokolle erfordern Controler mit großer Bandbreite.
- Typische Anwendungen: Roboterachsen, CNC‑Bearbeitungszentren mit mehreren Achsen, sicherheitskritische Systeme.
3. Hybrid‑Encoder (Hybrid Encoder)
- Definition: Kombiniert Inkremental‑ und Absolutausgang in einem Gerät, bietet sowohl hochauflösende Impulse als auch absolute Positionswerte.
- Eigenschaften: Gleichzeitige Ausgabe von Hochgeschwindigkeitsimpulsen und absoluter Position, oft in sicherheitsrelevanten Redundanz‑Anwendungen eingesetzt.
- Typische Anwendungen: SIL‑zertifizierte Sicherheitssysteme, Fallschirm‑Überwachung in der Luft‑ und Raumfahrt, autonome Logistik‑Fahrzeuge (AGV).
II. Klassifizierung nach Messform
1. Drehgeber (Rotary Encoder)
- Aufbau: Vollwelle, Hohlwelle oder halboffene Welle, Montage über Flansch oder Frontplatte.
- Mechanische Kennwerte: Wellendurchmesser φ3–φ20 mm; radiale Belastung 10–50 N; axiale Belastung 5–20 N; Lagerlebensdauer L₁₀ ≥ 10⁷ h.
- Montagehinweise: Ausrichtungstoleranz < 0,05 mm, seitliche Belastung und starke Vibration vermeiden.
- Beispielanwendungen: Servo‑Motor‑Feedback, Dreh‑Tischsteuerung, Ventilpositionierung.
2. Linear‑Encoder (Linear Encoder)
- Typen: Optische Maßstäbe, magnetische Maßstäbe, kapazitive Maßstäbe; Abstand zwischen Lesekopf und Maßstab 0,1–1 mm.
- Genauigkeit: Auflösung 0,01–1 µm; Linearitätsfehler < ±1 µm/m.
- Umweltverträglichkeit: Optische Systeme benötigen Staubfreiheit; magnetische Systeme arbeiten auch in öligen oder staubigen Umgebungen.
- Beispielanwendungen: CNC‑Maschinentische, Koordinatenmessgeräte (CMM), Lithografie‑Maschinen.
3. Zugseil‑Encoder (Draw‑Wire Encoder)
- Aufbau: Stahlseil auf Federabrollmechanik, Messbereich bis mehrere Meter.
- Genauigkeit: Auflösung 0,1 mm; Reproduzierbarkeit < ±0,5 mm.
- Einsatzgebiete: Hubtischhöhenmessung, Rollladen‑Positionsdetektion, Tunnel‑Vermessung.
- Montageempfehlung: Seil vertikal und spannungsfrei ausrichten, Querzug und Biegung vermeiden.
III. Klassifizierung nach Messprinzip
1. Optischer Encoder (Optical Encoder)
- Messprinzip: Lichtquelle → Kodierscheibe → Fotodetektor; Impulse entstehen durch Lichtdurchlässigkeits‑ oder Reflexionsänderungen.
- Auflösungsvorteil: Bis in den Millionen‑PPR‑Bereich; Jitter < ±0,1 arcsec.
- Nachteile: Empfindlich gegen Staub, Öl und Temperaturschwankungen.
- Norm: Entspricht ISO 23125 für optische Encoder.
2. Magnetischer Encoder (Magnetic Encoder)
- Messprinzip: Hall‑Effekt‑Sensoren oder magnetoresistive Sensoren detektieren Feldänderungen.
- Robustheit: Beständig gegen Verschmutzung, Vibration und Temperaturschwankungen; typische Genauigkeit 0,1–0,5°.
- Beispiele: Aufzugssteuerung, Winkelüberwachung schwerer Maschinen.
- Norm: Entspricht DIN 32701 für magnetische Encoder.
3. Kapazitiver Encoder (Capacitive Encoder)
- Messprinzip: Veränderung der Kapazität zwischen Platten durch Relativbewegung, gemessen mit AC‑Anregung.
- Merkmale: Geringer Energieverbrauch, kompakte Bauweise, vibrationsfest; Genauigkeit bis ±1 µm.
- Nachteile: Empfindlich gegen metallische Umgebung und statische Aufladung.
- Anwendungen: Mikro‑Roboter, medizintechnische Greifarme, Mikron‑/Nanolithografie.
4. Induktiver Encoder (Inductive Encoder)
- Messprinzip: Änderung der Induktionskopplung zwischen Spule und metallischem Ziel zur Distanzmessung.
- Vorteile: Hitzebeständig, druckfest, unempfindlich gegen starke elektromagnetische Störungen.
- Genauigkeit: Typisch ±10 µm; geeignet für Schwerindustrie und Bahnverkehr.
- Norm: Basierend auf IEC 62130 für induktive Positionssensoren.
IV. Auswahlempfehlungen
- Anforderungsprofil klären: Bewegungsart (rotativ/linear), Signaltyp (inkremental/absolut).
- Genauigkeit vs. Geschwindigkeit: Hohe Auflösung erfordert ausreichende Controller‑Bandbreite und Interpolationsfähigkeit.
- Umweltbedingungen: Optische Systeme für Reinräume, magnetische/induktive Systeme für rauere Umgebungen.
- Mechanische Zuverlässigkeit: Lagerbelastung, Lebensdauer und präzise Ausrichtung beachten.
- Schnittstellenkompatibilität: Protokoll‑ und Interface‑Support für Systemintegration und Diagnose sicherstellen.
Mit dieser dreidimensionalen Klassifizierung und Leistungsübersicht finden Sie rasch den optimalen Encodertyp, steigern die Anlagenleistung und senken Entwicklungs‑ und Wartungskosten.